1. Tag, Samstag, 5.6.99

Punkt 8.00 Uhr ging unsere Reise los - mit dem Überprüfen des Reifendrucks unseres Motorradtransportanhängers. Die Motorräder hatten wir bereits am Vorabend in aller Ruhe auf den Hänger gestellt und verschnürt wie Weihnachtspakete. Den Trailer hatten wir uns erst vor kurzem gekauft, um bei den geplanten Touren mit den Kindern die langen Anfahrten angenehmer zu gestalten. Außerdem ist damit auch das Gepäckproblem gelöst.

Kurz vor 9.00 Uhr fuhren wir in Freienhufen auf die Autobahn in Richtung Dresden, um sie erst kurz vor unserem Reiseziel wieder zu verlassen. Um 10.00 Uhr trafen wir uns wie verabredet mit unserem dritten Biker, mit Andreas am Rastplatz „Dresdner Tor“ bei Willsdruff. Bert nutzte gleich die Pause, um ganz besorgt die vielen Gurte zu überprüfen, die unsere Bikes auf dem Trailer fest hielten. Nach kurzer Rast ging es weiter, denn ein Stücke Weg lag noch vor uns.

Mit Andreas trafen wir uns während der Fahrt noch ein zweites Mal, und zwar am Rastplatz Großzörba (hinter Pirck) gegen 12.00 Uhr. Bald danach (ab Hof) verließ Andreas die Autobahn, um auf Landstraßen über Kronach („Gegend ohne Ende“) - Coburg - Schweinfurth - Würzburg - Heilbronn (noch einmal ein Stück Autobahn) - Eppingen - Pforzheim - Calw („furchtbar, nur Autos, riesige Kolonne, keine Überholmöglichkeiten“) - Nagold - Horb - Glatt nach Alpirsbach zu fahren. Dann begann für Andreas erst einmal die Suche nach dem kleinen Ortsteil Römlinsdorf, welches er schließlich gegen 19.00 Uhr erreichte.

Trotz zottelnder Last kamen wir auf der Autobahn etwas schneller voran und fanden (ohne lange Suche) gegen 17.00 Uhr unsere Unterkunft für eine Woche bei Familie Buchholz in Alpirsbach-Römlinsdorf. Das Wetter unterwegs zeigte sich uns an diesem Tag von zwei Seiten: Bis nach Nürnberg war herrlicher Sonnenschein mit allerdings heftigen Windstößen. Wenn wir dann noch von Bikes überholt wurden oder uns welche entgegenkamen (einer grüßte uns sogar!), dann tränte uns doch ein wenig das Herz.

Noch bevor Andreas ankam, suchten Bert und ich eine Gaststätte in diesem einsamen Nest mit den vielen schönen Häusern. Doch wir fanden nur ein Weinlokal, wo es lediglich „eine Brotzeit“ gibt. Auch eine weitere Runde brachte keine Gaststätte zutage. Na ja, wir wollen vor allen Dingen Motorrad fahren und nicht Urlaub in Römlinsdorf machen

2. Tag, Sonntag, 6.6.99           148 km

Früh halb Sieben weckten uns die Vögel. Sie zwitscherten fröhlich und gauckelten uns schönes Wetter vor. Erwartungsvoll schaute Bert aus dem Fenster - und kam ganz schnell wieder ins Bett geschlüpft. „Landregen!“ – murmelte er enttäuscht. Beim zweiten Mal Aufwachen um 9.00 Uhr sah es draußen nicht viel besser aus. Es regnete zwar nicht mehr, aber der Himmel ähnelte einem triefenden Schwamm.

Aus diesem trüben Grunde entschieden wir uns schweren Herzens, unseren lang ersehnten Motorradurlaub zunächst mit dem Auto zu beginnen. Halb Zwölf fuhren wir zwecks Mittagessen nach Oberndorf. Tatsächlich fanden wir das China-Restaurant „Waldhorn“, wo wir fein speisten. Danach wollten wir eigentlich mit dem Auto nach Freudenstadt, um trotz schlechten Wetters etwas zu erleben und eine Brauerei zu besuchen. Doch war sahen wir unterwegs? Aufhellenden Himmel und "Optimismusflecken" - was soviel hieß wie: trockene Stellen auf den Straßen! In Loßburg bog Bert kurz entschlossen nach links in Richtung Römlinsdorf ab, wo wir endlich auf unsere 2-rädrigen Maschinen umstiegen.

Diese Entscheidung war goldrichtig, denn so kamen wir noch zu einer richtig schönen Tour quer durch die Landschaft! Zuerst fuhren wir auf dem kürzesten Weg über Alpirsbach nach Freudenstadt, um dort eine Brauereibesichtigung um 15.00 Uhr mitzunehmen. Gefunden haben wir in Freudenstadt lediglich einen Marktplatz voller Feuerwehr-Oldtimer und ein paar Feuerwehrleuten, die komischer Weise nichts von einer Brauerei in Freudenstadt wussten. Kein Wunder, tatsächlich befindet sich nämlich die Brauerei in - Alpirsbach. Das war sozusagen Irrung vom Amt, aber nicht weiter tragisch, denn wir begaben uns einfach weiter auf unsere erste Fahrt durch das Schwarzwälder Kurvenparadies.

Eine langweilige B 294 (es ging nur gerade aus) fungierte als Zubringer und war zugleich gut genug für eine angenehme Entdeckung: Andreas las nämlich an einem Schild etwas von einer „Riesenrutschbahn“. Und wie sich herausstellte, brauchten wir nur knapp 20 km weiter fahren und schließlich links in Richtung Enzklösterle abbiegen. Kurz vor dem genannten Ort, genau genommen in Poppeltal, befindet sich eine Sommerrodelbahn mit insgesamt 1.500 m Länge. 500 m wird man an einem Schleppseil rückwärts hochgezottelt, 1.000 m geht’s munter wieder runter. Zwei Mal gönnten wir uns das Vergnügen für insgesamt 25,- DM, auch wenn nach unserem Befinden die eine oder andere Kurve mehr hätte sein können.
Apropos. Noch oben redeten wir darüber, dass der, der bremst, verliert. Also bin ich wieder ohne Bremsen runter. Die beiden Herren jedoch gaben später zu, dass sie doch ein - zwei Mal gebremst hatten. Ja, ja! Aber dafür bremsen sie auf den Bikes wesentlich weniger als ich! In manchen Kurven klappte es heute bei mir wirklich nicht so gut. Andreas fuhr eine kurze Zeit hinter mir und meinte später nur: „Kurven fahren müssen wir aber noch üben - nicht wahr, Jana?!“

Nun aber weiter im Text. Von der Riesenrutschbahn aus fuhren wir nach Enzklösterle rein und bogen dort rechts in Richtung Simmersfeld - Altensteig - Nagold ab. Ein paar schöne Kurven waren dabei, ein paar Sonntagsfahrer bremsten jedoch auch unsere rasante Fahrerei ab. Die Straßen waren im Grunde genommen gut abgetrocknet. Nur wehe, wir tauchten in ein Waldstück ein: schwarze, feuchte Abschnitte erwarteten uns dort, wo der Schwarzwald seinem Namen alle Ehre macht. Nach Nagold verließen wir bald die B 463 und gelangten wieder auf die kleinen „gelben“ Strässchen. Es ging nach Haiterbach und weiter über Salzstetten auf dem „direkten“ Weg nach Temmlingen, Schopfloch, Glatten, Sulz, Dornhan, Römlinsdorf.

Abend schossen wir bei Sonnenschein sogar noch ein Foto von unseren Bikes vor dem Ferienhaus. Die Wetteraussichten für morgen klingen mäßig. Dessen ungeachtet wollen wir morgen auf eine Riesentour bis nach Freiburg unternehmen. Schaun mer mal!

3. Tag, Montag, 7.6.99          354 km

Heute früh zwischerten die Vögel auch wieder - nur dieses Mal neckten sie uns nicht! Es erwartete uns wirklich ein Postkartenhimmel von früh bis spät. So starteten wir 9.00 Uhr zu unserer Tour in Richtung Freiburg. Zuerst fuhren wir auf dem kürzesten Weg nach Alpirsbach und von dort die B 294 bis nach Waldkirch. In Alpirsbach selbst sahen wir fast am Ortsausgang rechter Hand die bewusste Klosterbrauerei, die wir in Freudenstadt gesucht hatten. Dann überraschte uns die B 294 von Schiltach bis Hausach mit mehreren Tunneln. Das grummelt immer so schön im Bauch, wenn sich der Sound der Bikes in den Tunneln verstärkt. Besonders interessant wurde die Straße zwischen Mühlenbach und Elzach. Dort geht es nämlich auf herrlich gut und weit ausgebauten Kurven bergauf. Das war der richtige Trainings-Parcours für die später noch zahlreich in Erscheinung tretenden Kurven und Kehren. Allerdings begann ich kurz nach Elztal die schönen Kurven leicht zu verfluchen, weil ich dadurch natürlich auch nur schwer LKW's - die sich ja leider auch ab und zu auf den Wegen befinden - überholen konnte. Nach 10 oder 15 Minuten ergriff ich dann eine kleine Chance (Bert und Andreas waren mit ihren 92- bzw. 63-PS starken Bikes schon lange vorbei gekommen) und schoss mit allen Kräften von Yammi (34 PS) am LKW vorbei. - Wenig später bogen wir bei Waldkirch ab! Das heißt, Andreas und ich. Bert verpasste nämlich vor lauter Karten-Guckerei die Abfahrt.

Wieder beisammen, begannen wir bei Waldkirch unsere eigentliche Tour mit der Auffahrt zum Kandel auf den Spuren der Schwarzwald-Panoramastraße. Oh ja - Panorama und vor allen Dingen die herrlichsten Kurven und Kehren gibt es dort überall reichlich. Gerade die Strecke von Waldkirch bis St. Peter und fortführend bis St. Märgen bietet richtig tolle Kurven, die sich recht flüssig fahren lassen. Dort haben wir auch unsere ersten Schräglagen-Fotos probiert. Wir bedauerten es nicht einmal, dass wir von St. Märgen bis nach St. Peter auf Grund von Bauarbeiten wieder zurück fahren mussten - da konnten wir ein paar äußerst schöne Kurven wenigstens noch einmal genießen!

Unser nächstes Ziel hieß „Bergwildpark Steinwasen“, den wir über Kirchzarten - Oberried erreichten. Schnurstracks begaben wir uns zu einem Sessellift, der in sehr enger Beziehung zu einer - Sommerrodelbahn steht. Nach einer geruhsamen Fahrt über Reh- und Wildschweingehegen landeten wir beim Start der Rodelbahn bzw. -bahnen, weil zwei parallel die 900 m runter führen. Insgesamt drei Mal sausten wir mit den Plasteschlitten die Blechkurven (einige Steilkurven mehr als gestern) hinunter. Zwischendurch nahmen wir feste Nahrung, sprich Mittag, ein, denn biken und rodeln machen ganz schön Appetit!

Nach diesem Höhepunkt steuerten wir den nächsten an: den Gipfel Schauinsland. Nur waren wir wieder einmal so von den Kurven begeistert, daß wir regelrecht vorbei rauschten. Kein Problem für uns - stürzten wir uns also zuerst auf den Belchen, mit 1.414 m einer der höchsten „Hügel“ im Schwarzwald. Leider war es etwas diesig, so dass wir keine schönen Landschaftsaufnahmen machen konnten.

Unsere weitere Strecke führte uns rund um den Belchen - eine Ecke schöner als die andere. Bei Gießhübel lenkten wir unsere Maschinen noch einmal rüber zum „Schauinsland“. Dieser Ausblick rief aber um diese Zeit nicht mehr allzu große Begeisterungsstürme hervor; die Männer hatten auch keine Lust mehr zur Besichtigung der Schaugrube dort oben. Lieber wollten wir uns noch die Triberger Wasserfälle ansehen. Bis dahin bot uns unter anderem die B 31 von Kirchzarten bis Hinterzarten einige interessante Abschnitte.

Eigentlich ist es ein Wasserfall, der auf insgesamt 163 m in sieben Stufen nach unten fällt. Wir beschauten uns davon zwei Stufen und befanden sie nicht so doll. Wenn man dazu noch überlegt, dass viel Werbung für die Triberger Wasserfälle gemacht und am Tage sogar Eintritt genommen wird, dann macht sich schon eine leichte Enttäuschung breit. Da gefielen uns die fast zahmen Eichhörnchen im Eingangsbereich wesentlich besser...

Nach Triberg ging es ohne Unterbrechung direkt über Hornberg - Hausach - Wolfach - Schiltach nach Römlinsdorf, dieses Mal über Rötenburg. Zwischen Triberg und Hornberg bemerkten wir ganz deutlich, dass wir uns auf der Deutschen Uhrenstraße befanden, denn es lockten rechter und linker Hand die weltgrößte Schwarzwälder Kuckucksuhr sowie diverse „Häuser der 1000 Uhren“ - allesamt prunkvoll geschmückt und bemalt. Wir wollen später noch einmal dort vorbei fahren, denn für diesen Tag hatten wir genug.

Gegen 19.30 Uhr brummten wir auf den Hof rauf. Trotz der fortgeschrittenen Tageszeit grillten wir noch und genossen so diesen wunderschönen Tag bis in die Nacht hinein. Bert wurde am Abend gar nicht fertig, seine Begeisterung über diese Landschaft und vor allen Dingen diese Straßen auszudrücken. Womit er natürlich voll und ganz recht hat. Ich habe es heute sogar geschafft, links alle Gnuppel vom Hinterreifen ab- und rechts einige runter zu fahren.

Es ist eine sehr schöne Mischung hier im Schwarzwald zwischen Hoch und Runter, Kurven, Kehren und Geraden. Alle Zutaten maßvoll eingesetzt, geben die Garantie für schwarzwälder Biker-Leckerbissen.

4. Tag, Dienstag, 8.6.99          94 km

Bis halb Elf schliefen wir heute früh aus! Verpasst haben wir eh nichts, weil es in der Nacht bis in die Morgenstunden geregnet hatte und uns draußen ein ziemlich dunkler Himmel erwartete. Nach dem späten Frühstück war dann die Straße vor unserem Haus so gut abgetrocknet, dass wir eine kleine Ausfahrt wagten.

Von Alpirsbach fuhren wir auf der schon bekannten B 294 bis nach Schenkenzell, wo wir noch vor der Schenkenburg nach rechts in das kleine Kinzigtal einbogen. Diese Straße besteht nur aus Kurven, aber die Qualität des Belags ist recht schlecht. Deshalb war der Spaß nicht ganz so groß wie erwartet. Das Strässchen mündete in die Schwarzwald-Bäderstraße, die uns nach Bad Rippoldsau führte. Ein Stück außerhalb von Rippoldsau in Richtung Schapbach bogen wir links ab. Auf einem ganz schmalen wie auch steilen Strässchen gelangten wir zu einem einsamen Hof.

Dort fanden wir, was wir gesucht hatten: ein Hinweisschild auf einen Wasserfall. Wir parkten also unsere Bikes und wanderten ca. 10 Minuten ersteinmal wieder steil bergab, um letztendlich zu dem Wasserfall zu gelangen, der in keiner uns zur Verfügung stehenden Karte existiert, aber in einer einheimischen Broschüre als einer der höchsten frei fallenden Wasserfälle Deutschlands beschrieben wird. Es heißt Burgwasserfall und sieht wirklich sehr imposant aus. Denn dieser Wasserfall fällt richtig schön aus geschätzten 25 Meter Höhe.

Zurück bei unseren Maschinen fielen ein paar Tröpfchen Wasser vom Himmel, so dass wir uns entschieden, in Rippoldsau erst einmal nach dem Mineral-Thermalbad mit 32° C warmen Wasser zu schauen. Wir fanden das Bad, aber 14,- DM pro Person für ein Bad inmitten ruhe-bedürftiger Senioren war uns einfach zuviel. Zuviel war uns auch das, was seit Kurzem von oben auf uns runter kam: Unmengen von dicken, schweren Regentropfen!!! Nach einer Weile Warten stellten wir keine Änderung fest, also schlüpften wir in die Regenkombis und unter-nahmen eine Wasserfahrt bis nach Alpirsbach. - Danach war die Straße trocken und kurz vor Römlinsdorf schien sogar ganz frech die Sonne. Dennoch hatten wir vom Wetter die Nase voll und gingen Abendessen. Den Rest des Abends verbrachten wir mit dem Studium diverser Wetterberichte (wir suchten uns einfach den am besten klingenden aus) und der Planung für die morgige Tour. Wenn alles klappt, werden das morgen einige Kilometerchen ...

5. Tag, Mittwoch, 9.6.99          323 km

323 Kilometer im Zeichen schwarzwälder Kuckucksuhren und Quellwässerchen – so sah unsere heutige Tour aus. Und dabei begleitete uns von früh bis abends die Sonne, wenn auch manchmal hinter Wolken oder Schwarzwald-Tannen versteckt. Und die schönsten weiten und engen Kurven waren auch wieder reichlichst vertreten.

Los ging’s auf dem kurzen Weg zur B 294 über Rötenburg und Rötenbach. In Schiltach bogen wir auf die B 462. Die Fahrt bis Schramberg ist sehr reizvoll, weil sich rechter Hand der Schiltach lang schlängelt. Ebenso schlängelt sich die gut ausgebaute Fernverkehrsstraße im Tal entlang. Ab Schrauberg befuhren wir wieder mal ein Stück Deutscher Uhrenstraße – bis nach St. Georgen. Da unser erstes Ziel die weltgrößte Kuckucksuhr und all die anderen Uhren sein sollten, lenkten wir unsere Bikes nach St. Georgen auf die B 33 bis Triberg.

Nach einer Ortsdurchfahrt landeten wir in Schonach, wo uns auf einmal auch die „weltgrößte Kuckucksuhr“ mit einem Schild nach links vom Wege lockte. Dort kamen wir gerade recht, um den Kuckuck rufen zu hören und zu sehen. Die ganze Uhr ist die Fassade eines kleinen Häuschens, dessen Inneres man gegen die Gebühr von 1,50 DM pro Person besichtigen kann. Der Uhrmachermeister Dold hat darin seine Werkstatt und viele, viele Tiktaks. Kleine Geschichte am Rande dazu: Auf einem Schild wird darum gebeten, vor dem Fotografieren nachzufragen. Als wohlerzogenes Töchterchen frage ich natürlich den Meister. Er druckst herum und meinte: „Wir haben aber auch Postkarten!“ Meine Antwort darauf: „Ja, aber da ist mein Mann nicht drauf!“ Da hatte Meister Dold kein Argument mehr.

Von Schonach aus fuhren wir durch das Hinter- und Oberprechtal– auch eine angenehme, romantische Strecke. Nun landeten wir wieder auf der B 33. Von hier schwenkten wir rechts nach Hornberg ein. Der Stadtname leitet sich im übrigen wirklich von dem berühmten Hornberger Schießen ab. Doch außer zum Tanken hatten wir keine Zeit für die Stadt, denn noch stand eine weitere „größte Kuckucksuhr der Welt“ an der Straße nach Triberg auf unserem Reiseprogramm. Dort schauten wir uns auch ein "Haus der 1000 Uhren" an. Diese vielen geschnitzten und getischlerten und was weiß ich nicht noch für Uhren sind schon beeindruckend. Soweit zum Thema Schwarzwälder Uhren. Den Rest des Tages  folgten wir mehr wässrigen Wegen.

Zum zweiten Mal durchfuhren wir Triberg und bogen im kleinen Ort „Im Hölltal“ – nicht in die Hölle, sondern nach rechts auf ein kleines Nebensträsschen, welches uns zur Quelle des Flusses Breg führte. Mit der Breg-Quelle hat es eine besondere Bewandnis: Sie ist eine von insgesamt drei Quellen, aus denen die Donau gespeist wird. Die Donau entspringt also nicht einfach nur so einer Quelle, sondern gleich dreier. Und die Breg ist dabei der längste Zufluss. Deshalb begaben wir uns nach Quelle gucken und Brot essen zum nächsten Donauzufluss, zur Brigach-Quelle, die sich Luftlinie etwa 10 km östlich von der Bregquelle befindet. Auf die Brigach-Quelle stießen wir fast unvermittelt zwischen Hirzwald und dem Ort Brigach – direkt vor einem einzelnen Bauernhof. Die Brigach ist somit der zweitlängste Zufluss für die Donau. Nun fehlte nur noch Quelle Nummer Drei, die Schlossquelle direkt in Donaueschingen. Dazu fuhren wir nicht auf die B 33, sondern blieben auf den „gelben“ Straßen bis nach Rohrbach – Schönenbach. Von dort ging’s nach links über Vöhrenbach bis nach Donaueschingen (übrigens wieder auf einem Stück Deutscher Uhrenstraße) mitten in die Stadt. Nach längerem Suchen fanden wir endlich das Schloss und besagte Schlossquelle – allerdings steht dort an den Tafeln nur schlicht und einfach „Donauquelle“. Wenn wir also die anderen Quellen zuvor nicht besucht hätten, wüssten wir nichts von den Geschwisterkindern. Am Rande von Donaueschingen vereinigen sich dann alle Zuflüsse unabänderlich – ab hier nimmt die Donau ihren weiten Lauf bis in’s Schwarze Meer – insgesamt 2.840 Kilometer!

Wir hatten es nicht ganz so weit bis zu unserem letzten Zielpunkt auf unserer heutigen Tour: dem Brandenkopf, etwa 60 Kilometer von Donaueschingen entfernt und 934 m hoch. Um dorthin zu gelangen, nahmen wir unseren Weg durch das Bregtal und später durch das Simonswälder Tal. Bert war von der Strasse ins Simonswälder Tal so begeistert, dass er am liebsten wieder ein Stück zurück gefahren wäre. Aber die Zeit hatte doch schon mächtige Fortschritte gemacht und einige Kilometer lagen noch vor uns. So ging es also zügig weiter über Elzach die B 294 das sehr schöne Stück bis nach Haslach. Dort bogen wir links ab, um uns über Fischbach viele, viele enge Kurven auf einem äußerst schmalen Asphaltband hoch zum Brandenkopf zu schrauben. Irgendwie schien es kein Ende zu nehmen. Endlich oben, erwartete uns noch ein 32 m hoher Aussichtsturm (damit man über die Gipfel der Schwarzwaldtannen schauen kann). Mittels 148 Holzstufen waren wir dann letztendlich ganz oben. Leider war wieder alles ein bisschen diesig und außerdem sah man auf dem ersten Blick nur Grün! Nur langsam schälten sich die einzelnen Hügelketten ab.

Vom Brandenkopf runter nahmen wir eine andere und bessere – von der Qualität her – Straße unter die Räder, die es auf unserer Karte von 1996 noch gar nicht gab. Sie führt direkt nach Oberwolfach, wo ich übrigens kurz vor dem Ortsausgang auf der linken Seite einen Motorradtreff registrierte. Eigentlich wollte ich anhalten und signalisierte das den beiden Herrn mit Hupen und Blinkern. Aber sowohl Bert als auch Andreas hatten ihre Sinne bereits voll auf Ferienhaus und Grillen ausgerichtet, wo wir vor 19.00 Uhr ankamen.

6. Tag, Donnerstag, 10.6.99          226 km

10.30 Uhr kamen wir heute erst zu unserer Tour los – dennoch war sie wunderschön und dauerte immerhin bis 18.00 Uhr. Die Streckenführung hatte Bert bereits zu Hause in Cottbus ausgesucht, mit nur wenigen Abweichungen fuhren wir sie so lang.

Zunächst lenkte er uns direkt nach Freudenberg über Loßburg. Von Freudenberg aus befuhren wir bis Bad Rippoldsau die Deutsche Bäderstraße, die wir dann aber schnell wieder verließen, um nach Kniebis zu fahren. Nach Kniebis bogen wir links auf die B 28 in Richtung Bad Pe-tersdorf ab. Hier entpuppte sich die Bundesstraße als richtig tolle Kurvenstrecke, die bestens ausgebaut war. Und ein paar poppige Kehren waren auch dabei – bei einer davon war Foto-Time angesagt.

Auf der B 28 blieben wir bis Oppenau. Von dort geht rechts eine kleine, nette Straße ab, die letztendlich auf der B 500, genannt auch die Schwarzwälder Hochstraße, mündet. Zwischendurch legten wir wieder einmal eine nasse Pause ein: Wir besuchten die „Allerheiligen Wasserfälle“. Obwohl wenig Wasser im Sinne des Wortes fällt, gefiel uns die Rutschpartie des Wassers recht gut. Über mehrere Stufen rutscht es nämlich auf seinem Felsbett 183 m in die Tiefe. Mit Hilfe von 232 Steinstufen gingen wir entgegengesetzt die ganze Strecke rauf – und anschließend wieder runter. Ach ja: Und wir mussten nicht einmal Eintritt bezahlen...
Nach der kleinen erfrischenden Wanderung und einer Brotzeit düsten wir weiter. Jetzt hieß unser nächster Halt Mummelsee, doch auf uns hatte er nicht so die wunderliche Wirkung wie auf allen möglichen Schildern beschrieben. Immerhin ließen wir uns zu einem urkomischen Foto hinreißen und kauften bei dem Souvenirladen die Mitbringsel für unsere Kinder.

Dem Mummelsee folgte der Schwarzbach-Stausee – über die Schönheit der Straßen finde ich schon fast keine Worte mehr. Der Stausee selbst war ziemlich leer, aber dennoch beeindruckend. Außerordentlich sehenswert zeigte sich uns auch die Stadt Forbach. Schon die Anfahrt auf die Stadt machte einen guten Eindruck, weil man von einer imposant aussehenden Steinbrücke begrüßt wird. Uns interessierte jedoch zuerst eine ganz andere Brücke. Und zwar die größte frei tragende, überdachte und befahrbare Holzbrücke Europas. Wir beschauten uns die Brücke zunächst zu Fuß und später zum Fototermin mit den Bikes. Erst danach besichtigten wir noch die steinerne Brücke am Ortseingang, die keine Brücke, sondern eine Staumauer ist und nur zu Fuß betreten werden darf.

Nach Forbach in Richtung Gernsbach hätte man an fast jeder Kurve anhalten und fotografieren können, so herrlich idyllisch ist der Blick rechts und links auf die Hügel und das Tal, weshalb die Straße ja auch Schwarzwälder Tälerstraße benannt wird. In Weißbach verabschiedeten wir uns von der B 462, um so ganz „zufällig“ in Enzklösterle bzw. vielmehr in Poppeltal bei der Riesenrutschbahn zu landen. Na ja, und weil wir nun mal gerade dort waren, konnten wir doch jeder gleich zwei Mal runter rutschen – oder? Dabei passierte mir etwas Unglaubliches! Ich flog bzw. schneppste beim ersten Mal aus der Kurve!!! Jetzt heiße ich „Schneppse“, das habe ich nun davon. Dafür durfte ich noch ein drittes Mal rutschen, ätsche, bätsche!

Zum Ende der Tour statteten wir der Nagold-Talsperre einen Besuch ab, damit wir nicht ein zweites Mal vorbei fuhren. Von der Talsperre aus ging es auf mehreren kleineren Straßen in Richtung Ferienwohnung. Hier grillten wir wieder und schauten uns besorgt die morgigen Wetterberichte an. Wir werden demnach morgen Früh entscheiden müssen, was wir an unserem letzten richtigen Urlaubstag unternehmen können.

7. Tag, Freitag, 11.6.99          310 km

Aller schlechter Wetterberichte zum Trotz hatten wir heute Motorradwetter – ohne Regen abzubekommen. Obwohl wir zwei Mal bedrohlich in die Nähe kamen. Wir bereisten auf unserer letzten Tour in einem langgezogenen Dreieck noch einmal den puren Schwarzwald.

Die zwei schönsten und für jeden Biker auf jeden Fall zu empfehlenden Straßenstrecken hatten wir auf dem Weg nach Strasbourg und zum Kaiserstuhl. Strecke Nummer 1: Von der B 500, der Schwarzwald-Hochstraße geht links eine „gelbe“ Straße per 18-prozentigem Gefälle bis nach Oppenau runter. Hier fühlten wir uns wie auf der Achterbahn: Links-Rechts-Kombinationen ohne Ende, und wenn mal ein Stück gerade aus ging, dann aber im Wellenformat auf und ab. Hat das Fetz gemacht!!! Die zweite bemerkenswerte Strecke hatten wir auf der Rückfahrt vom Kaiserstuhl kommend zwischen der Gemeinde Freiamt, Ortsteil Hohe Eck und dem Dorf Streitberg. An einer der letzten überaus flüssigen Kurven kehrten wir in einem Lokal zu Kaffee und Kuchen ein und hatten so eigentlich die einzige richtige Pause am heutigen Tag.

Doch nun erst einmal alles der Reihe nach. Den Tag begannen wir mit dem Besuch der nächstgelegenen Motorrad-Werkstatt in Hochmössingen. Yammi deutete nämlich sehr nachdrücklich darauf hin, dass sie Ölbedarf hat. Und da sie gleich nach dem Urlaub zur 42.000-er Durchsicht inklusive Ölwechsel muss, wollte Bert halt nur einen kleinen Schluck Öl nachfüllen lassen. Das klappte auch ohne Probleme. Danach machten wir uns auf den Weg nach Strasbourg. Über Freudenstadt – Oppenau – Oberkirch und Kehl erreichten wir diese berühmte französische Stadt, die das europäische Parlament beherbergt. Genau diesen riesigen Gebäudekomplex besuchten wir auch – angesichts der am Sonntag bevor stehenden Europa-Wahl ein besonderes Erlebnis. Und es ist wirklich beeindruckend, die lange Reihe der vielen Länder, die der europäischen Gemeinschaft angehören, in Form einer Fahnenparade bildhaft vor sich zu sehen. Leider konnten wir keinen Blick in das Gebäude riskieren, weil „aus Sicherheitsgründen“ die Besuchserlaubnis für Einzelpersonen eingestellt worden war.

Darum schlenderten wir zurück zu unseren Bikes, fuhren angesichts einer nahenden riesigen schwarzen Wolke nach Deutschland zurück und auf der A 5 runter in den Süden bis zur Ab-fahrt Riegel. Dieses Stück hat zwar keinen sonderlichen Spaß gemacht, aber es brachte uns schnell weg von der Regenwolke und zudem schnell zu unseren nächsten Ziel, dem Kaiserstuhl. In Bahlingen hielt Bert an einer Straße an und studierte die Karte, um herauszufinden, wo es weiter lang geht zum Kaiserstuhl. Sprach ihn doch eine nette junge Frau an, was er denn suche. „Na ja, den Kaiserstuhl!“ Lachend darauf die Frau: „Aber hier ist doch überall der Kaiserstuhl!!!“ Aha.

Wenig später lasen wir an einem Schild auf einem Parkplatz, dass der Kaiserstuhl das Ergebnis eines kleinen Vulkanausbruches in der Jungtertiärzeit ist. Eben diese Lavaströme werden nunmehr Kaiserstuhl benannt und von den Einheimischen intensivst für den Weinanbau genutzt. Demzufolge gibt es auch reichlich Weingüter, die zu kostenlosen Weinproben einladen. In diesem Jahr widerstanden wir jedoch der Versuchung. Wir fuhren noch ein Stück in Richtung Vogtsburg und versuchten, den Totenkopf – höchster Punkt mit sagenhaften 597 m – zu erreichen. Doch irgendwie landeten wir immer wieder nur auf den kleinen Weinstraßen, die wir nicht befahren dürfen.

Auf der Heimfahrt machten wir einen Abstecher nach Oberwolfach und schauten, was es mit dem Motorradtreff auf sich hat. Das handgeschnitzte Schild, welches ich vor ein paar Tagen gesehen hatte, weist auf die gegenüberliegende Seite zum Gasthof „Zur Linde“. Nur von Motorrädern war weit und breit nichts zu sehen. Wie sich jedoch wenig später herausstellte, ist der Gastwirt bikerfreundlich (wahrscheinlich selbst einer), der eine riesige Garage für Motorräder zum Unterstellen bietet. Er organisiert auch Ausfahrten von 100 bis 300 Kilometern Länge. Und wir trafen vor dem Gasthaus, also direkt unter der riesigen Linde, auch noch andere Biker – Zwei Pärchen aus Belgien, die dort im Gasthof übernachteten und gerade einen Tag vorher angereist waren. Sie schauten sich zuerst meinen links runter gefahrenen Hinterreifen und schließlich Fazzys Latschen an. Wir tauschten uns über Reifenpreise und –lebensdauer und ähnliche Bikerwichtigkeiten aus. Sie erzählten uns, dass sie eigentlich zu Fünft unterwegs waren, aber einer hatte einen schweren Unfall.Zum Glück im Pech nur Knochenbrüche, wenn auch komplizierte. Das macht einen schon betroffen, wenn man so etwas hört und gerade losfahren möchte. Andererseits dürfte man sonst gar nicht mehr auf die Maschine steigen. So verabschiedeten wir uns und nahmen die letzten Kilometer in diesem Urlaub unter die Räder.

Bert fuhr nach der Ankunft im Ferienhaus noch einmal ganz geheimnisvoll los. Als er wiederkam, zeigte er seinen Kilometerstand: Glatt 10.000! Und das nach einem Jahr, ganz schön beachtlich!

Apropos Ankunft Ferienwohnung: Da gibt es noch eine kleine Story von Yammi zu erzählen. Wir tankten nämlich nicht mehr und Bert fragte mich sicherheitshalber bei jedem Halt, ob ich schon auf Reserve geschalten habe. Jedes Mal verneinte ich die Frage – noch war Power im Tank. Doch gerade bei der Einfahrt auf den Hof der Familie Buchholz war der Strom alle, der letzte Tropfen Benzin verbraucht. Na, das klappt ja wunderbar, jetzt schleppen wir wenigstens nicht so viel Benzin auf dem Hänger mit.

Am Abend grillten wir unsere letzten Würstchen und Steaks. Danach verschnürten Bert und Andreas unsere Bikes auf dem Hänger, während ich die ersten Sachen zusammen packte. Tja, eine Woche Urlaub ist eben nicht unendlich lang. Und mal so gesehen: Auf den ganzen rund 1.500 Kilometern durch den Schwarzwald hatten wir die wunderschönsten Kurven und Kehren und bis auf 30 km Regenstrecke stets Glück mit dem Wetter! Vor allen Dingen sind wir aber immer heil wieder nach Römlinsdorf gekommen!

8. und allerletzter Tag, Samstag, 12.6.99

Nach dem Wecken um 6.00 Uhr hieß es: Frühstücken, Packen und Ferienwohnung in besenreinen Zustand bringen. Wir verabschiedeten uns von der Familie Buchholz und starteten gemeinsam um 8.35 Uhr bis zur A 81, Auffahrt Oberndorf. Wir registrierten unterwegs einen Tankstopp, einen Falschstopp, einen Pullerstopp und einen kurzen Ausruhstopp, ansonsten ließ Bert das Gaspedal von Fordji nicht locker. So passierten wir gegen 12.00 Nürnberg. Ab Nossen regnete es, und es regnete, und es regnete immer stärker. Kurz vor halb Fünf flogen wir in Cottbus ein und brachten gleich die Maschinen in die Garage. Im übrigen regnete es dabei noch immer. 17.15 Uhr kamen wir in der Wohnung an, 17.30 Uhr landete der total durchnässte Andreas in Cottbus.
 

Resümee dieser Woche: Wir waren und sind vom Schwarzwald so begeistert, daß wir unsere Sommerurlaubspläne kurzerhand umwarfen und uns noch schnell eine Ferienwohnung im Schwarzwald besorgten. Also diesmal die komplette Familie Zadow im Schwarzwald bei den vielen Kurven, Kurven, Kurven ...
 

Das schrieb für euch: Eure „Schneppse“ Jana!